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Allein sein

  • Carolin
  • 15. Nov. 2016
  • 4 Min. Lesezeit

Was ich durchs alleine sein gelernt habe - Ein neuer Beitrag von Carolin


Alleine sein ist für viele Menschen, die ich kenne, das aller Schlimmste. Wie oft höre ich "ich würde ja, wenn ich es nicht allein tun müsste..." Mein Rat in diesen Situationen bleibt immer "Lern erst einmal mit Dir alleine glücklich zu sein, bevor du versuchst, es mit jemand anderem zu sein". Nun bin ich keine ausgebildete Lebnsberaterin oder Ähnliches, nur hat mich mein Leben bereits in sehr jungen Jahren einige Lektionen gelernt. Ich musste auf schmerzhafte Weise lernen ,das Freundschaften selten bestehen bleiben, das jeder Mensch sich selbst am nächsten ist und das man sich am Ende meistens nur auf sich selbst verlassen kann.


Das soll nun kein verbitterter, menschenhassender Beitrag werden, im Gegenteil. Es gehört zum Leben dazu, sich weiter zu entwickeln, andere Wege zu gehen und dabei auch mal einen oder mehrere Menschen hinter sich zu lassen. Es kann heilsam und erleichternd sein, schädliche Beziehungen zu beenden und auch mal Abstand zu jemandem zu gewinnen, der einem lange Zeit sehr nah war. Leben bedeutet Entwicklung und wenn wir uns nicht weiterentwickeln bleiben wir stehen.


Ein altes Zitat besagt "man kann nicht zweimal in den selben Fluss steigen", was schlichtweg bedeutet, selbst wenn man ein zweites Mal das selbe Flussbett betritt, ist das Wasser, das eins seine Füße umspült hat längst fort, ist den langen Weg flussabwärts weiter geflossen und auch die Mikroorganismen, Steine, selbst der Schlamm unter den Füßen ist nicht mehr der selbe. Das Leben geht immer weiter und man sollte jede Erfahrung, ob zunächst positiv oder negativ empfunden, immer als Lektion betrachten.


Worauf ich eigentlich hinaus wollte, sind dreieinhalb Jahre meines Lebens, in denen ich gezwungenermaßen sehr viel alleine war. Klar hatte ich Freunde, ich hatte meine Familie, aber in vielen Dingen musste ich mich alleine durchkämpfen. Zwei sehr wichtige Menschen in meinem Leben hatten mich hinter sich gelassen, die beiden, um die sich meine Welt bisher gedreht hatte und ich konnte damals garnicht richtig verstehen, wieso. Jeder, den ich sonst kannte, war anderweitig beschäftigt, frühere Klassenkameraden studierten, waren ins Ausland gegangen, die meisten hatten Ausbildungen begonnen, die sie gänzlich beanspruchten. Mein Leben sah einfach anders aus. Ich arbeitete in der Veranstaltungstechnik und hatte entweder sehr viel, oder überhaupt keine Zeit. Morgens, wenn alle zur Arbeit gingen schlief ich noch und nachts, wenn alle bereits im Bett lagen oder am Wochenende unterwegs waren, ackerte ich noch und fiel in den Morgenstunden erschöpft und völlig ausgelaugt ins Bett.


Seltener habe ich mich einsamer gefühlt, als zu dieser Zeit, gleichzeitig war ich aber auch noch nie so zufrieden, wie ich es damals war. Gezwungener Maßen, lernte ich, meinen Tag mit mir selber zu strukturieren. Ich las sehr viel, morgens bei meinem ersten Kaffe, ich hörte die Musik, die MIR gefiel, lies mir von niemandem mehr sagen, das sie zu unmelodisch sei, lies mich nicht mehr zu merkwürdigen Ska-Punk-Konzerten mitschleppen, verbrachte meine Abende nicht mehr mit meinen stets betrunkenen Schulfreunden. Es änderte sich sehr viel. Alles, was ich tat, war ich-bezogener. Zum ersten Mal in meinem Leben merkte ich, was ICH im Leben möchte. Gegen den Rat meiner "Freunde" ließ ich mir meine ersten beiden Piercings stechen, mitten im Gesicht, weswegen ich mir so einiges anhören durfte "Das sieht so beschissen aus" ; "Du hast da was an der Nase" ; "Aber da ist einfach so ein Punkt an deiner Lippe" BLA BLA BLA :D aber ich habe durchgehalten und weiter mein Ding durchgezogen. Ich habe mir meinen Kindheitstraum erfüllt und mir meinen linken Arm tätowieren lassen.


Wenn mich heute einer Fragt, ob ich es bereue, kann ich ganz klar sagen: in keinem einzigen Moment. Ich wurde zu der Zeit zu dem Menschen, der ich schon immer im Inneren gewesen bin. Jemand, der gerne Regeln bricht, die von konservativen Menschen aufgestellt werden. Von Menschen, die total langweilig sind und uns vorschreiben wollen, was Kunst ist, weil sie es anhand von Regeln bewerten, die von nicht-Künstlern aufgestellt werden. Von Menschen, die offensichtlich keine Seele haben, weil sie blind und taub dem folgen, was sich gehört und was man tun sollte. Ich sage Euch, tut niemals, was andere Euch vorschreiben. Tanzt im Regen und singt aus tiefstem Herzen krumme und schiefe Töne, wenn Euch danach ist.


Findet heraus, was ihr liebt und lebt dafür. Ihr müsst am Ende Eures Lebens nur Euch selbst gegenüber Rechenschaft ablegen. Und die Fragen ,die man sich stellen wird, werden nicht lauten "hab ich immer schön artig alle Regeln befolgt?" sondern "war ich der bestmögliche Mensch, der ich sein kann? Habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe? Habe ich das Leben und seine Schönheit in vollsten Zügen genossen? Habe ich meine Angst überwunden und Dinge getan, an die ich mich gerne zurückerinnere?..."


Somit kann ich heute, die wohl schwersten Jahre meines Lebens nur als die Besten bezeichnen, weil ich endlich herausgefunden habe, wer ich bin und was ich will. Und mag der Weg dorthin, zu erreichen, was ich mir erträume, noch sehr lang sein, weiß ich stets, das ich es schaffen kann, das die Kraft dafür in mir steckt und nicht in den Dingen. Ich fokussiere mich auf den Weg vor mir, und gehe ihn in kleinen Schritten.

 
 
 

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